Brigitte Schnegg Preis 2023

Dr. Rachel Huber

Dr. Rachel Huber, eine der beiden Gewinnerinnen des Brigitte Schnegg Preises von 2023, studierte Kulturwissenschaften in Luzern und Globalgeschichte an der Excellenz-Universität Hamburg. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin und promovierte mit Schwerpunkt Intersectional Digital History, (digitale) Erinnerungskulturen und Diskriminierungsgeschichte in den USA und der Schweiz von 2016-2021 an der Universität Luzern am Lehrstuhl von Prof. Dr. Aram Mattioli. Von 2022 bis 2023 arbeitete sie, ebenfalls am Historischen Seminar der Universität Luzern, als Oberassistentin und Projektleiterin. Beim Open Access Journal «Public History Weekly» war sie von 2018-2020 als Redaktionsmitglied tätig und von 2022 bis 2023 leitete sie das Drittmittelprojekt «Auslegeordnung Erinnerungskultur Zürich». Der Forschungsauftrag wurde vom Präsidialdepartement Zürich vergeben. Seit September ist sie assoziierte Forscherin bei den Digital Humanities am Walter Benjamin Kolleg der Universität Bern.

Kurzbeschrieb der prämierten Arbeit

In ihrem Buch von «Die Frauen der Red-Power-Bewegung. Die Bedeutung von Born-digital-Selbstzeugnissen für unsichtbare Akteurinnen in der Erinnerungskultur» beleuchtet Rachel Huber eine bisher wenig bekannte Seite des Indigenen Widerstands in den USA in den 1960er- und 1970er-Jahren: die Seite der Frauen. Das etablierte Narrativ zu Red Power blendet Frauen und ihre Leistung weitgehend aus. Huber ist den Spuren von historischen Akteurinnen, die noch leben und damit auch Zeitzeuginnen sind, auf sozialen Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram nachgegangen und verglich diese mit den Spuren in analogen Archiven in den USA und Europa. Damit schrieb sie eine Geschichte mit und «gegen» Archive.
Anhand dieses Fallbeispiels untersuchte sie, wie es gelingen kann, diskriminierte Bevölkerungsgruppen und unsichtbare historische Akteurinnen in etablierte Meistererzählungen einzuschreiben, damit sie Teil der Erinnerungskultur werden und diese pluraler wird. Sie konnte darüber hinaus mit ihrer Forschung aufzeigen, dass Digital-born-Selbstzeugnisse als wichtige neue historische Quellen Geschichten zum Vorschein bringen können, die sich mit analogen Quellen alleine nicht erschliessen lassen, und erläutert, was im Umgang mit solchen Born-digitalen-Daten zu beachten ist.

Dr. Fiona Friedli

Dr. Fiona Friedli, die zweite Gewinnerin des diesjährigen Brigitte Schnegg Preises, hat einen Doktortitel in Politikwissenschaft von der Universität Lausanne. Ihre Forschung liegt an der Schnittstelle zwischen sozialrechtlichen Studien, Gender Studies und politischer Soziologie. Sie ist SNF senior researcher am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Lausanne und wissenschaftliche Koordinatorin der interdisziplinären Plattform für Gender Studies. Sie verbrachte ein Jahr als Gastwissenschaftlerin an der Abteilung für Soziologie der Northwestern University in Chicago. Sie ist Mitbegründerin des Schweizerischen Netzwerks für Recht und Gesellschaft. Sie ist an der Entwicklung eines Certificate of Advanced Studies in Gender Studies beteiligt. Neben ihrer akademischen Tätigkeit ist sie Assessorin am Tribunal de Prud'hommes de l'administration cantonale vaudoise.

Kurzbeschrieb der prämierten Arbeit

Die Dissertation von Fiona Friedli mit dem Titel «Régulation des relations familiales et reproduction de l'ordre de genre : des transformations du droit à la justice en action» geht von einem rechtskonstitutiven Ansatz aus und deckt die Ursprünge des Trends zur formalen Gleichstellung im Familienrecht sowie das wachsende Phänomen der gemeinsamen elterlichen Sorge auf. Die Arbeit untersucht, wie die neuen Normen zur Scheidung und zur Elternschaft nach der Trennung, die eine Gleichbehandlung der Eltern fordern, trotz ihrer scheinbaren Neutralität zur Reproduktion einer Geschlechterordnung beitragen. Die empirische Untersuchung kombiniert soziohistorische, statistische und ethnografische Methoden, um einerseits die wichtigsten Reformen des Familienrechts zwischen 1907 und 2017 und andererseits die Praxis der Richterinnen und Richter in familienrechtlichen Verfahren auf verschiedenen Ebenen des Gerichtssystems zu analysieren: eine Kindesschutzbehörde, ein erstinstanzliches Gericht, ein kantonales Gericht und das Bundesgericht.