Besser altern, besser sterben: Menschliche, technische und spirituelle Ressourcen

Thema der Veranstaltung

In der Schweiz ist die Lebenserwartung im letzten Jahrhundert stark gestiegen. Heute ist fast jede·r fünfte Einwohner·in über 64 Jahre alt. Da Senioren und Seniorinnen häufiger an Multimorbidität und chronischen Krankheiten leiden, stellt dieser bedeutende demografische Wandel das Gesundheits- und Sozialwesen vor grosse Herausforderungen. Um den wachsenden Bedürfnissen gerecht zu werden, müssen in den Pflegeeinrichtungen, aber auch seitens der älteren Menschen und ihrer Familien viele Ressourcen mobilisiert werden. Im Rahmen der Reihe «Alt werden» stehen 2023 menschliche Betreuung, neue Technologien und spirituelle Ressourcen sowie Sterbebegleitung im Fokus. Dem multiperspektivischen Charakter der Medical Humanities verpflichtet, eröffnet die Veranstaltung so unterschiedliche Schlaglichter auf Bereiche der Gesundheit, der Alterspflege und der Palliative Care.

Die Veranstaltung behandelt vier Thematiken:

  • Die erste Thematik befasst sich mit der gesellschaftlichen Pluralität in der Langzeitpflege und fragt: Wie wirkt sich diese Diversität auf die Interaktionen zwischen älteren Personen und Pflegenden aus?
  • Die zweite Thematik setzt technologischen Lösungen zu Bewältigung des steigenden Pflegebedarfs einer kritischen Betrachtung aus. Insbesondere ethische und soziale Konsequenzen der Pflege durch Roboter werden diskutiert.
  • Die dritte Thematik erkundet, wie Religionen sich auf Wohlbefinden und Gesundheit von Senioren und Seniorinnen auswirken und als spirituelle Ressourcen der Sorge gezielt eingesetzt werden können.
  • Die letzte Thematik setzt sich mit der Palliative Care und den Praktiken des Sterbens am Beispiel von Patient·innenliteratur auseinander.

Sprachen: Deutsch und Französisch, keine Simultanübersetzung.

Eintritt frei, aber Anmeldung erforderlich bis zum 19. Oktober 2023.

Veranstaltungsort: Valiant Lounge im Wankdorf Stadion, Papiermühlestrasse 71, Bern.

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln: vom Bahnhof Bern Tram Nr. 9 bis zur Haltestelle Wankdorf Center (12 Minuten); vom Bahnhof Bern Wankdorf: zu Fuss über die Sempacherstrasse zum Wankdorf Center (6 Minuten).

Programm

EINFÜHRUNG

13.30: Begrüssung, Valérie Clerc, Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften

13.35: Einführende Worte, Beat Steiger, Journalist beim Seniorweb

THEMA I: GESELLSCHAFTLICHE PLURALITÄT IN DER PFLEGE

In der Schweiz wird ein beträchtlicher Anteil der Langzeitpflege älterer Menschen von Arbeitskräften mit Migrationshintergrund geleistet. Insbesondere Pflegeheime weisen eine starke Diversität auf, beim Personal, aber auch bei den gepflegten Personen. Diese Situation wirft verschiedene Fragen auf: Wie wirkt sich diese Diversität auf die Interaktionen zwischen älteren Personen und Pflegenden aus? Welchen Einfluss hat sie auf die Qualität der Pflege?

13.45: Eva Soom Ammann, Berner Fachhochschule

13.55: Podiumsdiskussion

14.20: Diskussion mit dem Publikum

THEMA II: CARING ROBOT: ETHISCHE UND SOZIALE ASPEKTE

Die Alterung der Bevölkerung stellt die Alters- und Langzeitpflege in der Schweiz vor zahlreiche Herausforderungen. Die Entwicklung neuer Technologien, insbesondere Roboter, erscheint als eine der möglichen Lösungen. Es ist aber eine Lösung, die viele ethische und soziale Fragen aufwirft. Akzeptieren ältere Menschen diese neuen Technologien? Welchen Platz wollen wir Robotern in der Altenpflege geben? Und damit verbunden: Welchen Platz sollte der menschliche Körper behalten? 

14.30: Stéphanie Perruchoud, Universität Lausanne

14.40: Podiumsdiskussion

15.05: Diskussion mit dem Publikum

15.15: Pause

THEMA III: RELIGION UND SPIRITUALITÄT: RESSOURCEN IM LETZTEN LEBENSABSCHNITT

In der Schweiz sind Religion und Spiritualität weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Lebens von älteren Menschen. Welche Rolle spielen sie in den letzten Lebensjahren, in denen sich die Menschen mit Krankheit und dem nahen Tod auseinandersetzen müssen? Wie wirken sich religiöser Glaube und Praktiken auf Gesundheit und Wohlbefinden aus?

15.45: Pierre-Yves Brandt, Universität Lausanne

15.55: Podiumsdiskussion

16.20: Diskussion mit dem Publikum

THEMA IV: PRAKTIKEN DES STERBENS IN DER PALLIATIVE CARE

Der Tod tritt ist in vielfältige persönliche, gesellschaftliche und kulturelle Kontexte eingebettet. Sterbende Menschen werden von ihren Angehörigen, vom Pflegepersonal, von Ärzt·innen und von Seelsorgern betreut und begleitet. Durch ihre Präsenz und Praktiken verleihen die Begleitenden der Erfahrung des Sterbens einen Sinn. Wie wird über solche Begleitung im neuen Genre der autobiografischen Sterbeliteratur gesprochen, in der Schriftsteller·innen ihr eigenes Sterben thematisieren? Wie erfahren diese schreibenden Patient·innen die Palliative Care und das heutige Gesundheitswesen?

16.30: Corina Caduff, Berner Fachhochschule

16.40: Podiumsdiskussion

17.05: Diskussion mit dem Publikum

SCHLUSSWORTE

17.15: Eva Soom Ammann, Berner Fachhochschule

17.25: Beat Immenhauser, SAGW

Referentinnen und Referenten

  • Beat Steiger, Seniorweb
  • Eva Soom Ammann, Berner Fachhochschule
  • Stéphanie Perruchoud, Universität Lausanne
  • Pierre-Yves Brandt, Universität Lausanne
  • Corina Caduff, Berner Fachhochschule

Podiumsgäste

  • Pasqualina Perrig-Chiello, Seniorenuniversität und Universität Bern
  • Felix Wettstein, Nationalrat Solothurn
  • Eva Horvath, Gesundheitszentren für das Alter der Stadt Zürich
  • Petra Vayne-Bossert, Universitätsspital Genf

Referentinnen und Referenten

Beat Steiger, Seniorweb

Beat Steiger hat Philosophie- und Germanistik in Freiburg. i. Br., Konstanz und Zürich studiert. Bis zur Pensionierung war er Philosophie- und Deutschlehrer an der Kantonsschule Wil. Überdies war er ehrenamtlich tätig in der Schweizerischen UNESCO-Kommission, in der Pädagogischen Kommission Mittelschulen des Kantons St. Gallen und beim Wiler Forum für Nachhaltigkeit (WIFONA). Jetzt ist Beat Steiger Redaktor bei Seniorweb.ch. Er ist auch Co-Präsident des kantonalen Seniorenrat St. Gallen und Gründungsmitglied des Forums 60plus Region Wil.

Kontakt: beat-steiger@bluewin.ch

Eva Soom Ammann, Berner Fachhochschule

Eva Soom Ammann arbeitet als Sozialanthropologin in den Gesundheitswissenschaften. Als Dozentin im Fachbereich Pflege am Departement Gesundheit der Berner Fachhochschule und im Rahmen ihrer Habilitation in Medizinanthropologie an der Universität Bern forscht und lehrt sie interdisziplinär. Ihr Postdoc beschäftigte sich mit dem Thema Lebensende und Diversität im Altersheim. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Diversitäten und Ungleichheiten in der Gesundheit, Migration, Alter und Lebensende sowie insbesondere ethnographische und praxistheoretische Ansätze in der Gesundheitsforschung.

Kontakt: eva.soomammann(at)bfh.ch

Stéphanie Perruchoud, Universität Lausanne

Stéphanie Perruchoud hat in Philosophie promoviert und das gymnasiale Lehrdiplom erworben. Derzeit teilt sie ihre Arbeitszeit zwischen ihrer Forschungstätigkeit an der Universität Lausanne und ihrem Engagement als Ethikerin im Feld auf. In ihrem Hauptforschungsprojekt analysiert sie die Interaktion zwischen älteren Menschen und Robotern in Pflegeheimen. Ihr Engagement als Ethikerin nimmt sie als Generalrätin der Stadt Sitten, als Mitglied der kantonalen Kommission für Menschen mit Behinderungen und als Präsidentin des Ethikrates für die Walliser Alters- und Pflegeheime (AVALEMS) wahr.

Kontakt: stephanie.perruchoud.1(at)unil.ch

Pierre-Yves Brandt, Universität Lausanne

Pierre-Yves Brandt promovierte in Psychologie und Theologie an der Universität Genf. Von 2006 bis 2010 war er Dekan der theologischen und religionswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Lausanne, wo er derzeit als Professor für Religionspsychologie forscht und lehrt. Zudem präsidiert er die Stiftung Jean-Piaget-Archiv. Seine Forschungsschwerpunkte sind Spiritualität und psychische Gesundheit, die Entwicklung der individuellen Identität sowie Gottesvorstellungen bei Kindern. Weitere Arbeiten beschäftigen sich mit dem Stellenwert spiritueller und religiöser Ressourcen, die Patient·innen im Krankenhaussystem eingeräumt wird, sowie mit deren spiritueller Begleitung.

Kontakt: pierre-yves.brandt(at)unil.ch

Corina Caduff, Berner Fachhochschule

Nach dem Studium und einer Promotion in Germanistik in Zürich habilitierte sich Corina Caduff an der Technischen Universität Berlin. Es folgten Lehrtätigkeiten in Berlin und Chicago, bevor sie als Professorin an die Zürcher Hochschule der Künste berufen wurde. An der ZHdK lehrte und forschte sie mit den Schwerpunkten Gegenwartsliteratur, künstlerische Forschung und Sterben und Tod. Seit 2018 ist sie Vizerektorin für Forschung an der Berner Fachhochschule. Zurzeit leitet sie das interdisziplinäre SNF-Projekt «Sterbesettings».

Kontakt: corina.caduff(at)bfh.ch

Podiumsgäste

Pasqualina Perrig-Chiello, Seniorenuniversität und Universität Bern

Nach einem Doktorat und einer Habilitation in Psychologie, wirkte Pasqualina Perrig-Chiello als Professorin an der Universität Bern. Zu ihren Forschungsschwerpunkte gehören Entwicklungspsychologie der Lebensspanne, Gesundheit und Wohlbefinden im Alter und familiale Generationenbeziehungen (pflegende Angehörige, Grosseltern). Sie ist Mitglied des Editorial Boards des Journal of Gerontopsychology and Geriatric Psychiatry sowie des wissenschaftlichen Beirats der Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie; sie war Präsidentin der Vereinigung Schweizer Seniorenuniversitäten und ist aktuell Vizepräsidentin der Senioren-Universität Bern.

Kontakt: pasqualina.perrigchiello(at)unibe.ch

Felix Wettstein, Nationalrat Solothurn

Felix Wettstein war über 20 Jahre als Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz tätig. Er leitete den MAS «Gesundheitsförderung und Prävention», die seine beiden thematischen Schwerpunkte bilden. Von 2011 bis 2020 war er Gründungsmitglied und Koordinator des deutschsprachigen D|A|CH-Netzwerks für Gesundheitsförderung. Seit 2019 widmet er sich hauptberuflich der Politik als Nationalrat für die Grünen im Kanton Solothurn. Aktuell ist er zudem Mitglied des Fachrates von Public Health Schweiz und seit letztem Jahr Präsident der Allianz pro-salute.

Kontakt: felix.wettstein(at)parl.ch

Eva Horvath, Gesundheitszentren für das Alter der Stadt Zürich

Eva Horvath absolvierte am Theodosianum in Schlieren eine Ausbildung in Allgemeiner Krankenpflege. An der Fachhochschule Gesundheit und Soziales in Aarau absolvierte sie das Studium zur Gesundheits- und Pflegeexpertin, bevor sie 2009 den Master of Science in Nursing an der Universität Basel abschloss. Sie arbeitete in verschiedenen Spitälern. 2020 übernahm sie die Leitung der klinischen Pflegeentwicklung in den Pflegezentren der Stadt Zürich. Während der Pandemie war sie Mitglied der Clinical Care Expert Group in der National Task Force COVID-19. Seit der Fusion der Alters- und Pflegezentren zu den Gesundheitszentren für das Alter vertritt sie die Pflege in der Geschäftsleitung. Derzeit ist sie auch Mitglied der Fachgruppe Gerontologische Pflege des Schweizerischen Vereins für Pflegewissenschaft.

Kontakt: Eva.Horvath(at)zuerich.ch

Petra Vayne-Bossert, Universitätsspital von Genf

Nach ihrem Medizinstudium spezialisierte sich Petra Vayne-Bossert in Allgemeiner Innerer Medizin. Am Universitätsspital Genf (HUG) arbeitete sie in den Bereichen Rehabilitation, Geriatrie und Palliativmedizin. Sie betrieb palliativmedizinische Forschung am Mater Cancer Care Center in Brisbane und absolvierte die Weiterbildung «Interdisziplinären Schwerpunkt in Palliativmedizin». Seit 2017 ist sie Assistenzärztin in der Abteilung für Palliativmedizin des HUGs und gleichzeitig Leiterin des mobilen Teams für Palliative Care zu Hause (CoSPa Trois-Chêne). Das CoSPa Trois-Chêne wurde von der SAMW für seine Arbeit im interdisziplinären Team ausgezeichnet. Zudem engagiert sie sich als Vorstandsmitglied von qualitépalliative.

Kontakt: Petra.Vayne-Bossert(at)hcuge.ch

Programmkomitee

  • Nikola Biller-Andorno, Universität Zürich & Mitglied des SAMW-Vorstands
  • Anna Elsner, Universität St. Gallen
  • Martina King, Universität Freiburg
  • Delphine Roulet Schwab, Haute École de la Santé La Source
  • Hubert Steinke, Universität Bern
  • Piet van Spijk, Medicum Wesemlin
  • Romaine Farquet, wissenschaftliche Mitarbeiterin der SAGW
  • Valérie Clerc, Generalsekretärin der SAMW

Über «Medical Humanities» und die Reihe «Alt werden»

Seit 2009 engagiert sich die SAGW zusammen mit der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) im Bereich der Medical Humanities. Die Medical Humanities tragen dem Gedanken Rechnung, dass sich Gesundheit und Krankheit nicht vom Menschen trennen lassen und daher ein rein medizinischer Blick auf das Begriffspaar nicht ausreicht. Die Geistes- und Sozialwissenschaften ermöglichen ein mehrdimensionales Verständnis von Gesundheit und Krankheit, das auf dem Konzept der Lebensqualität beruht. Wenig fassbare Krankheitsbilder, Mehrfachdiagnosen und Multimorbidität können in diesem Verständnis in die Reflexion miteinbezogen werden.

Von 2017 bis 2020 organisierte die SAGW zusammen mit der SAMW die Reihe «Macht und Medizin». 2021 lancierten die beiden Akademien in Synergie mit der a+ Swiss Platform Ageing Society die auf wiederum vier Jahre angelegte Reihe «Alt werden» (Follow-up der letzten Veranstaltung «Hin zu einer altersfreundlichen Gesundheitsversorgung»). Die Reihe stellt das Konzept der «funktionalen Lebensqualität» ins Zentrum einer altersfreundlichen Gesundheitsförderung. Sie beleuchtet kontextuelle und soziale Faktoren, die in Betreuungssettings mitgedacht werden müssen.

Dr. Romaine Farquet

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

+41-(0)31-306 92 59

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